Dressur

Kapitel 6

Dehnungshaltung hinter der Senkrechten

Während der Lösungsphase zum Entspannen und zur Kräftigung von Rücken- und Halsmuskulatur ist die Dehnungshaltung der wohl wichtigste Abschnitt der täglichen Arbeit mit Pferden. In dieser Haltung entwickeln sich bei lebhaftem Vortritt Rücken- und obere Halsmuskulatur. Die untere Halsmuskulatur, mit deren Hilfe sich das Pferd oft den Zügelhilfen hartnäckig widersetzen kann, wird nicht mehr aktiviert und verküm- mert mit der Zeit. Mit einer kräf- tigen Oberhalsmuskulatur fällt es dem Pferd leicht, seinen Hals auch für einen längeren Zeitraum frei und ohne unterstützende Zügelhilfe zu tragen.
Auf diesem Bild könnte während der Dehnungshaltung die Stirnlinie des sich nach vorwärts-abwärts streckenden Pferdekopfes vor die Senkrechte kommen. Dann wäre die optimale Form der angestrebten Dehnungshaltung erreicht. Selbst ein geringes "Aufrollen" - wie auf diesem Foto - birgt die Gefahr in sich, dass Pferde bei durchhängenden Zügeln nicht mehr an die weich führende Reiterhand treten. Der Einfluss der sanften Zügeleinwirkung geht ganz verloren. Unter diesen Voraussetzungen kann sich die Halshaltung nur schwer stabilisieren, denn das Pferd wird auch in der aufgerichteteren Arbeitshaltung versuchen, sich durch Aufrollen dem Trensengebiss zu entziehen. Daher ist darauf zu achten, das Pferd mit deutlich unterstützenden Schenkelhilfen stets leicht ans Gebiss und wenn möglich mit der Stirnlinie vor die Senkrechte zu treiben. Die Dehnungshaltung ist bei der Pferdeausbildung mit den Aufwärmübungen von Leichtathleten, Schwimmern, Fußballern oder allen anderen Sportlern zu vergleichen. Wer elementare Voraussetzungen des Sports ignoriert, erzielt keine Erfolge und/oder ist ständig verletzt.

 

Kapitel 7

Betont, aktiver, versammelter Trab

Auf diesem Foto nimmt das Pferd nach der lösenden Dehnungshaltung eine Dressurpferhaltung ein, die etwa dem A-Niveau entspricht. Das Pferd steht sicher und leicht am Zügel, wenn auch hier zu beobachten ist, dass die Stirnlinie um einen Hauch hinter der Senkrechten steht. Schöner wäre es, trüge das Pferd seinen Kopf um dieses geringe Maß vor der Senkrechten.Auf A-Niveau ist jedoch ein geringes "Hinter-den-Zügel-gehen" noch durchaus zu vertreten.
Wer sein Pferd in dieser Ausbildungsstufe schon unbedingt mit oben stehenden Genick als höchsten Punkt präsentieren will - leider schreiben es die offiziellen Ausbildungs-Richtlinien so vor - quält sein Pferd und erzielt auf Dauer keinen Erfolg. Die unsinnige Verordnung, dass selbst schon A-Dressur-Pferde (A = Anfänger) ihr Genick als höchsten Punkt zu tragen haben, hat über etliche Dressurpferde manches Unheil gebracht. Besonders über die, deren Gebäude (Halsansatz, Halsform und Halsstärke) diese Hals- und Kopfhaltung überhaupt nicht zulassen. Und damit sind nicht allein Hengste gemeint, die mit ihrer ausgeprägten Halsung ihr Genick ohnehin nicht als höchsten Punkt tragen. Den Reitern, die den sportlichen Erfolg anstreben und den Richtlinien blind folgen, ist die geringere Schuld zuzuweisen. Verantwortlich für das häufige zwanghafte viel zu frühe "nach-oben-reiten" sind diejenigen, die die Richtlinien verfasst haben. Es bleibt zu hoffen, dass eines Tages pferdefreundlichere Köpfe über die Richtlinien nachdenken. Den Dressurpferden und besonders dem Dressursport in A- (Anfänger) und L-Klassen (leicht) käme ein Umdenken entgegen. 
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